Skriptum 3 | Wälder, Holz und Biodiversität

Herzlich willkommen zu einem weiteren Kapitel im Onlinekurs „Biodiversität im Wald“, in dem wir den Fokus nun auf das Monitoring, also das Erfassen, die Entwicklung und die Möglichkeiten einer Bewertung von Biodiversität im Wald richten möchten. Da stellt sich vielleicht gleich einmal die Frage: Was ist eine Waldinventur und welche Informationen können daraus für die Beschreibung der Wald-Biodiversität abgeleitet werden?

Die Österreichische Waldinventur

Vermessung des liegenden Totholzes, in einer von 11.000 Probeflächen der ÖWI.

Die Österreichische Waldinventur (ÖWI) ist das größte statistische Informationssystem, das den Zustand und die Entwicklung des österreichischen Waldes seit 1961 beschreibt. Es baut auf einem permanenten bundesweiten Stichprobennetz im Raster von rund 3,9 x 3,9 km auf. Das bedeutet, dass auf ca. 11.000 Probeflächen mehr als 200 Waldparameter je Erhebungsperiode erhoben und statistisch ausgewertet werden. Im letzten Jahrzehnt werden auch immer mehr Fernerkundungsdaten, also Satelliten und Luftbilder, in die Auswertungen eingebunden. Eine Waldinventur gibt es nicht nur in Österreich, sondern in fast allen europäischen Ländern und natürlich auch darüber hinaus. Der Grund dafür ist, dass die Ergebnisse der Waldinventuren eine wichtige Grundlage für politische Entscheidungsträger und die Erfüllung von nationalen und internationalen Berichtspflichen wie z.B. der Biodiversitätskonvention oder dem Kyoto-Protokoll darstellen.

Beschreibung der Wald-Biodiversität

Ein wertvoller Habiatbaum, der zahlreichen Organismen als Lebensraum dient.

Die Waldfläche ist einer der zahlreichen Erhebungsparameter der ÖWI mit direktem Bezug zur Biodiversität im Wald. Die Entwicklung der österreichischen Waldfläche hat  seit 1961 um ca. 330.000 ha zugenommen. Das entspricht ungefähr der Hälfte der Landesfläche von Salzburg oder in etwa 462.000 Fußballfeldern. Fast 50 % der Staatsfläche Österreichs ist bewaldet, daher kommt auch den Wäldern für die Erhaltung der biologischen Vielfalt eine wichtige Rolle zu. Wobei die Waldfunktionen natürlich darüber hinaus gehen und auch die Nutz-, Schutz-, Wohlfahrts- und Erholungsfunktion umfassen.

Weitere Parameter, die auch wichtig zur Beschreibung der Biodiversität im Wald sind, werden auch als Indikatoren für den Biodiversitätsindex Wald (BIW) herangezogen:

  • Die Baumartenzusammensetzung
  • Der Totholzanteil, wobei hier zwischen stehendem und liegendem Totholz unterschieden wird.
  • Neophyten, also nicht-heimische Baumarten
  • Und die sogenannten „Habitatbäume“, also Bäumen die mit zunehmendem Alter besondere Mikrohabitate für spezielle Arten ermöglichen.
  • Verjüngungssituation und Verjüngungsart

Darüber hinaus werden im Rahmen der ÖWI noch weitere Parameter erfasst wie z.B. Stöcke und Zersetzungsgrade und Insekten oder Spechtspuren an stehendem und liegendem Totholz, oder der Bestandesschichtung, dem Kronenschlußgrad  und der Waldrandsituation von Beständen. Denn speziell die Strukturvielfalt am Waldrand und die Lichtverhältnisse im Bestand haben einen wesentlichen Einfluss auf die biologische Vielfalt in Waldökosystemen.

Aktuelle Ergebnisse aus der Zwischenauswertung ÖWI 2016/18

Seit etwa Mitte der 90er Jahre nimmt der Vorrat an stehendem Totholz im österreichischen Wald zu. Derzeit beträgt er 29,7 Mio m3, das entspricht einem Vorratsanteil von 2,5 %. Im Vergleich dazu betrug der stehende Totholzvorrat in den 1980er Jahren noch 13,2 Mio. Vfm, also nur 1,4 % des stehenden Holzvorrates. Die ökologische Bedeutung von Totholz hängt allerdings auch von der Dimension und der Baumart ab. Dicke Bäume sind dauerhafter, die Zersetzung läuft langsamer und sie können mehr Feuchtigkeit speichern. Im österreichischen Ertragswald stehen im Durchschnitt 1,4 Totholzstämme/ha mit einem Durchmesser in 1,3 m Höhe von mehr als 35 cm. Sowie 0,3 Totholzstämme mit einem Brusthöhendurchmesser (BHD) von mehr als 50 cm.

Einen wesentlichen Teil zur Totholzmenge tragen das liegende Totholz und die Stöcke bei. Je nach Zersetzungsgrad werden sie von unterschiedlichen Arten besiedelt und die Zersetzung erfolgt aufgrund des Einflusses von Bodenfeuchte rascher. Aktuell beträgt die durchschnittliche Totholzmenge mit einem Mindestdurchmesser von 10 cm 30,9 m3/ha. Davon entfallen rund 40 % auf liegendes Totholz, 35 % auf Stöcke und 25 % auf stehendes Totholz. Alle drei Komponenten haben seit der ÖWI 2007/09 zugenommen.

Betrachtet man nun die vier Teilindikatoren Baumartenzusammensetzung, Totholzanteil, Veteranenbäume und das Vorkommen von Neophyten im Rahmen der Zwischenauswertung 2016/18, so ergibt sich für die ersten drei Indikatoren eine deutlich positive Entwicklungstendenz, die geringsten Veränderungen zeigen sich hingegen beim Vorkommen von Neophyten.

Entwicklung der Waldfläche in Österreich.
Anteile von stehendem, liegendem Totholz und Stockholz (ÖWI 2016/18).
Entwicklung des Vorratsanteils von lebenden und toten Bäumen.