Skriptum 1 | Was ist Biodiversität?

Zitat aus dem Text der der Convention für biologische Vielfalt (Convention on Biodiversity)

Biodiversität ist “die Variabilität unter lebenden Organismen jeglicher Herkunft, darunter unter anderem Land-, Meeres- und sonstige aquatische Ökosysteme, und die ökologischen Komplexe, zu denen sie gehören; dies umfasst die Vielfalt innerhalb der Arten und die Vielfalt der Ökosysteme.” (Biodiversitätskonvention, Art. 2., 1992).

In anderen Worten – Biodiversität ist die erstaunliche Vielfalt des Lebens auf der Erde. Sie umfasst die Vielfalt auf vielen Ebenen: die Artenvielfalt, welchen die enorme Anzahl von Arten beschreibt, die genetische Vielfalt innerhalb und zwischen diesen Arten, und die verschiedenen Biome und Ökosysteme, wie zum Beispiel Wälder. Biodiversität umfasst auch die Vielfalt innerhalb mikroskopischer Organismen, einschließlich Bakterien, Viren und Pilzen. Schätzungen zur Folge schwankt die Anzahl der Arten auf unserem Planeten zwischen 7 Millionen und 30 Millionen. Laut der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN gibt es etwa 13 Millionen Arten, von denen 1,8 Millionen beschrieben wurden.

Der Verlust der biologischen Vielfalt

Der zunehmende anthropogene Druck auf die Biodiversität wird durch eine Vielzahl von durch den Menschen verursachte Veränderungen angetrieben, wie z. B. intensive Landnutzung, Klimawandel, Stickstoffdeposition, biotischer Austausch und erhöhte Kohlendioxidkonzentration. Viele Wissenschafterinnen und Wissenschafter glauben, dass es genügend Beweise dafür gibt, dass wir uns im sechsten Massenaussterben der Erde befinden („the Earth’s sixth mass extinction“). Dabei kommt es derzeit zu einem globalen Verlust von 75 % der Arten innerhalb eines relativ kurzen geologischen Zeitraums von zwei Millionen Jahren. Bisher gab es fünf Massenaussterben, das bekannteste ist vielleicht das durch einen Asteroiden verursachte Aussterben der Dinosaurier. Aber dieses aktuelle Massenaussterben ist anders, denn es wird vom Menschen verursacht.

Der Verlust der biologischen Vielfalt hat irreversible Folgen für die Umwelt und führt zu einer starken Verknappung der Ressourcen für die Menschheit. Darüber hinaus ist der Mensch von Ökosystemleistungen abhängig, die unter dem prognostizierten Trend der aktuellen Biodiversitätskrise für das Leben und die Gesundheit der Menschen, die Infrastruktur, das Eigentum und die Wirtschaftstätigkeit gefährdet sind. Das anhaltende Bevölkerungswachstum, der zunehmende Welthandel, die Konsummuster und die Urbanisierung sind Treiber für den Verlust der biologischen Vielfalt, der sich durch Infektionskrankheiten direkt auf die menschliche Gesundheit auswirkt und Entwicklungsfortschritte, Ernährung, Sicherheit und Schutz vor Naturkatastrophen schwächt.

Strategien und Ziele

Weltweit ist mehr als die Hälfte der Biodiversität in Wäldern zu finden und daher ist der Verlust von Waldflächen, wie zum Beispiel in tropischen Regenwäldern die größte Bedrohung für die biologische Vielfalt. Auch in Österreich schätzen Expertinnen und Experten, dass ca. zwei Drittel aller heimischen Arten in Wäldern vorkommen. Im Gegensatz zu anderen Kontinenten und Ländern nimmt in Europa und Österreich die Waldfläche allerdings seit vielen Jahrzehnten im Rahmen einer nachhaltigen Bewirtschaftung zu. Um die globale Biodiversitätskrise des 21. Jahrhunderts zu überwinden, wurde die biologische Vielfalt der Wälder zum Ziel internationaler, regionaler und lokaler Übereinkommen, um die Ziele zur Erhaltung der biologischen Vielfalt zu erreichen. Einer der Meilensteine für die Entwicklung der globalen Biodiversitätspolitik war die UN-Konvention über die biologische Vielfalt (CBD) im Jahr 1992, als sich 196 Staaten dazu verpflichteten, den Verlust der biologischen Vielfalt durch die Umsetzung eines zehnjährigen globalen Strategieplans für die biologische Vielfalt 2011-2020 anzugehen, der 20 Aichi-Biodiversitätsziele definierte. Diese globalen Ziele beinhalten den Schutz der Biodiversität, die nachhaltige Nutzung der Komponenten der Biodiversität, sowie die gerechte Verteilung der Vorteile, die durch die Nutzung der genetischen Ressourcen entstehen. So sieht der Strategieplan der Vereinten Nationen für Wälder 2030 unter dem globalen Wald-Ziel 2 vor, dass der Beitrag aller Arten von Wäldern zur Erhaltung der Biodiversität bis 2030 zunehmen soll.

Wälder Europas

Waldkarte Europas erstellt von The European Forest Institute (EFI)

In Europa zählen Wälder zu den wichtigsten europäischen Ökosystemen, nicht zuletzt auch wegen ihrer unbestrittenen Bedeutung für die Bioökonomie und überlebenswichtigen Ökosystemfunktionen im Klimawandel. Im Jahr 2015 zählte der EU-28 Waldbestand 186 Millionen ha, das entspricht 40% der europäischen Landmasse. Seit 1990 hat die europäische Waldfläche um 6% zugenommen. Wälder der EU absorbieren etwa 10% der jährlichen Treibhausgasemissionen Europas. In Anbetracht der Bedeutung der Wälder für Europa, rückten zahlreiche europäische und nationale Strategien, wie zum Beispiel die Biodiversitäts- und die Waldstrategie, die Wald-Biodiversität erneut ins Rampenlicht. Die EU-Biodiversitätsstrategie für 2030, zum Beispiel, ein wesentlicher Eckpfeiler des EU-Green-Deals, richtet sich in vielen strategischen Vorhaben auf die Erhaltung und Förderung der Biodiversität im Wald. Die Ziele beziehen sich einerseits auf den Wert der Biodiversität selbst, aber andererseits auch auf den wirtschaftlichen Wert des Ökosystems Wald. Eine nachhaltige Waldbewirtschaftung, die die Biodiversität und die Ökosystemleistungen der Wälder respektiert, ist dabei ein wichtiges Instrument, um den Verlust der genetischen Diversität, der Arten- und der Ökosystemvielfalt einzudämmen.

Optimistisch in die Zukunft

Auch, wenn das Ausmaß des Verlusts der Biodiversität überwältigend erscheinen mag, ist es wichtig, dass wir handeln und erkennen, dass sich viele kleine und lokale Maßnahmen summieren. Zum Beispiel können wir lokale Initiativen unterstützen, so nachhaltig wie möglich reisen, recyceln und unsere täglichen Lebensmittelentscheidungen überdenken. Grundsätzlich aber können wir uns Zeit nehmen, über die Biodiversität zu lernen, um sie um uns herum im täglichen Leben zu erkennen und über sie zu sprechen.  

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